June 18, 2003

Grenzregime

N 39° 51.022´ W 104° 39.845´ (Flughafen Denver, CO)

Irgendwo am Ende des Indianer-Korridors geht links eine kleine Treppe runter zur Einreiskontrolle. Ich empfinde es als Fortschritt auf den Schildern als "Visitor" tituliert zu werden, nicht als "Alien" wie schon auf anderen Flughäfen in den USA beobachtet. Leider bin ich nun schon in der "No Foto"-Zone, ich hätte zu gerne das "Dont pet the guard dog"-Schild fotografiert, will aber ungern den potentiellen Ärger riskieren. Der Immigration-Saal ist fein säuberlich getrennt. Links die "Visitors" und rechts die "US Citizens and Legal Resident Aliens". Absperrbänder partitionieren die wartenden Reisenden in eine unelegante Schlangenform. Überall stehen uniformierte Beamte umher die so viel verschiedene Hardware zum Beleuchten, Schlagen, Fesseln, Pfeffern und Erschiessen von Menschen am Gürtel haben das ich mich frage ob das nicht irgendwann einen Hüftschaden gibt.

Die Atmosphäre ist etwa wie früher an Grenzen sozialistischer Länder, nur ein bischen mehr high-tech. Drei Seiten des Saals sind mit verspiegelten Scheiben umgeben, wenn man ein bischen genauer hinsieht erkennt man dahinter Büros, Monitore, Kameras und Menschen. Am hinteren Ende gibt es ein paar Buchten in denen die Einwanderungsbeamten sitzen. Die Bittsteller (sie haben schliesslich alle unterschrieben das sie sich der Entscheidung des Einreisebeamten ohne Widerspruch unterwerfen werden) warten geduldig in der Schlange, bis sie mit einem mürrischen "Next!" über die magische graue Teppichlinie heranzitiert werden.

Überall hängen "No use of electronic devices"-Zettel mit Icons von Telefonen, Pagern, CD-Playern und Palms. Eine Frau sagt alle 5 Minuten über die Lautsprecher "The use of electronic devices in this room is prohibited. No cellphones, no pagers, no fotography, no computers, no music listening.". Sie liest das interessanterweise immer wieder vom Zettel ab, schon komisch sowas im 21. Jahrhundert noch ohne Sprachspeicher zu sehen. Natürlich klingelt kurz bevor ich dran bin mein Mobiltelefon (ich hatte nicht erwartet das es in dem Keller überhaupt Deckung hat). Ich klicke schnell den Aku raus, eine der Schwerbewaffneten schaut mich sehr sehr böse an und sagt "One more beep and it is mine!".

Der Einwanderungsbeamte verwirrt mich total. Ich bin es gewohnt auf "How do you do?" nicht mehr mit meiner halben Lebensgeschichte inklusive aktuellem Psychozustand zu antworten und nuschele nur ein "Hi!". Daraufhin er "Do you speak english? I asked: how do you do?!". Ich denke mir nur "Könnt ihr Amis bitte mal euer Handshake-Protokoll eindeutig definieren?" und antworte "Fine!" woraufhin er bösen Blickes zur offenbar üblichen Frageorgie nach Sinn, Zweck, Aufenthaltsorten, Rückreisedatum und vorherigen USA-Aufenthalten übergeht. Zum Glück hatte ich 10 Stunden Zeit meine Antworten sorgfältig zu formulieren, interessant wird es nur bei den vorherigen USA-Aufenthalten. Er schaut sehr lange und gründlich in seinen Monitor um dann doch den Stempel auf den grünen Zettel zu drücken und ein Stück davon in meinen Pass zu tackern.

Nach einigem gelangweilten Warten an der Gepäckförderanlage habe ich dann meine Reisetasche wieder (wie üblich bestückt mit allen Sicherheitskontrolletiketten die sich eine Tasche auf so einer Reise einhandeln kann). Die Zollkontrolle ist erfreulich schmerzlos, eine nette Dame wirft einen kurzen Blick auf meinen weissen Zettel und winkt mich durch. Nicht das ich irgendetwas illegale bei mir führe, aber die Geschichten über die Kontrollorgien die mir Freunde erzählt haben klangen eher lästig. Erleichtert machte ich mich auf die Suche nach dem Shuttle und verschicke ein paar SMS ("Ich bin drin")...

Posted by frank at June 18, 2003 03:06 AM | TrackBack