June 18, 2003

Mehr oder minder artgerechter Transport

N 39° 51.022´ W 104° 39.845´ (Flughafen Denver, CO)

Es wird ja immer gesagt das das Flugzeug die Welt klein gemacht hat. Im Vergleich zu den 10 Tagen die man früher mit einer Atlantik-Überquerung zugebracht hat ist das sicher auch richtig. Aber irgendwie vergehen die 10 Stunden Frankfurt --> Denver doch eher langsam.

Im Flugzeugt eine hübsch bizarre Mischung von Mitreisenden die meine Sorgen das ich bei der Einreisekontrolle irgendwie auffallen würde deutlich relativieren. Ein paar Reihen vor mir sitzt eine Gruppe von Leuten die dem klassischen Stereotyp vom arabisch-pakistanischen Bombenleger perfekt entsprechen. Sie sind aber ganz harmlose Studenten die sich in breitestem Texas-Slang mit ein paar genauso stereotypisch aussehenden amerikanischen Football-Spielern unterhalten.

Einer der Football-Jungs ist irgendwie berühmter als die anderen, er wird dauernd von Mitreisenden nach Autogrammen gefragt. Die Stewardess ist sehr bemüht ihm durch komplexe Platztauschaktionen zwei leere Sitze zu verschaffen. Angesichts von geschätzten 2,10m Körpergrösse und einem Kreuz das nur bedingt quer durch den Kabinengang passt ist das aber eher eine humanitäre Hilfeleistung. Auf einem Sitz hat der arme Mann einfach nicht genug Platz. Warum er trotz Autogrammwürdigkeit Holzklasse fliegt ist irgendwie unklar. Vieleicht ist er ja auch erst eine aufstrebende College-Football-Berühmtheit. Ich bin mal wieder ganz froh das ich wenigstens in einer Hinsicht normgerecht bin, die westliche Welt ist nunmal für 1,75m Körpergrösse ausgelegt.

Über den Gang sitzt ein alt gewordener Hippie. Leider ist er zu müde um sich mit mir zu unterhalten und schläft die ganze Zeit. Vor ihm sitzt ein älteres Päärchen aus Indien das die Flugbegleiter sehr höflich und distanziert zur Verzweiflung bringt indem es das spezielle vegetarische Sonderessen im wesentlichen nur ansieht, die angebotenen Getränke zurückweist und eigentlich nur in Ruhe gelassen werden will. Das Essen ist auch in der nichtvegetarischen Variante kein besonderer Hochgenuss, immerhin sind die Brötchen angewärmt und der Tee schmeckt nicht nach Kaffee.

Nach der Landung (sportlicher Doppelbounce, ein paar Russen weiter vorne klatschen kurz) empfängt den Besucher ein längerer Fussweg durch eine Galerie von Indianer-Fotos, untermalt mit indianisch angemuteter Fahrstulmusik. Das ganze kommt mir vor wie eine Jagdtrophäensammlung die dem Besucher gleich mal klarmachen soll das mit den Bewohnern dieses Landes nicht zu spassen ist. Neben den durchaus beeindruckenden Fotos von Indianern hängt ein Schild mit dem Namen und dem Stamm. Alle weitgehend ausgerottet oder in irgendwelche Reservate zum vegetieren gesperrt soweit ich das zuordnen kann.
Durch die Fenster schaut man auf die hässlichen Flachbauten des Flughafen-Umfelds. Es fällt schon schwer sich vorzustellen das das die Prärie mit den Büffeln gewesen ist von der ich in den Büchern gelesen habe...

Posted by frank at June 18, 2003 03:06 AM | TrackBack