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Unsportlich

Nun gut, es war vorhersehbar. Kaum droht Schäuble mal eine Debatte um neue Schnüffelmethoden zu verlieren, zieht er sich ein paar gut abgehangene Terroristendarsteller aus der Schublade, um seinen “Gefahrenraum” zu belegen. Das die

Ich finde das trotzdem hochgradig unsportlich. Kann der nicht mal mehr ordentlich debattieren? Kam ihm die Geschichte um den Missbrauch von Abhörmöglichkeiten zu blöd dazwischen, mußte da ganz dringend die Große Notbremse ™ gezogen werden?

Die Mainstream-Journaillie lässt sich jedenfalls wie immer instrumentalisieren und plappert brav allen Unsinn nach, der ihr da serviert wird, ohne auch nur im Ansatz kritisch die massiven Ungereimtheiten der Story zu hinterfragen. Die SPD fällt erwartungsgemäß um, auch wenn grössere Teile der Partei vermutlich keinen Bock drauf haben. Eigentlich können die sich auch mal direkt auflösen und die Rechtsrandrudimente günstig an die CDU verkloppen, dann gibt es da nicht immer diese Konfusion.

Eigentlich bleibt als Unsicherheitsfaktur nur noch, wann die Torfnasen von den Grünen verlautbaren lassen, das sie unter den gegebenen Umständen der dräuenden Gefahr selbstverständlich auch ihren vaterländischen Beitrag leisten werden, um die Interessen derer, die so dumm waren, sie letztes mal noch zu wählen, doch nochmal richtig gründlich zu verraten. Eigentlich können sie sich diese Chance nicht entgehen lassen…

Der Lichtblick ist nur, daß das alles eher routiniert und gelangweilt wirkt. Terror-Trott stellt sich ein, die immer gleichen Bilder, die immer gleichen Formulierungen. Wenn damit nicht unsere Gesellschaft zu einem Becksteinschen Internierungslager umgeformt würde, könnte man das Gesabbel auch gut ignorieren. *seufz*

Die rote Linie

Dem geneigten Leser wird vielleicht nicht entgangen sein, daß es gerade eine massive Auseinandersetzung über die sogenannten Online-Durchsuchungen aka. Bundestrojaner gibt, an der der CCC nicht so gänzlich unbeteiligt ist.

Wir haben uns schon immer ein bischen gewundert, warum von den Journalisten immer gleich zu erst die Frage “Und wie kann man sich davor schützen?” kommt. So langsam wird mir klar warum.

Mit Leuten, die sich sonst eher nicht so zu solchen Themen äussern und denen die ganze Überwachungsdebatte herzlich egal war, habe ich in den letzten Tagen interessante Gespräche, die mich etwas wesentliches lehren:

Wir haben uns immer gefragt, wo denn wohl die rote Linie ist, an der es so richtig vielen Leuten zu viel ist, wo der Überwachungswahn zu dolle wird, wo sie sich ganz persönlich betroffen fühlen. Die staatliche Ausforschung der eigenen Festplatte und des Onlineverhaltens ist offenbar diese rote Linie.

Das ganze Gefasel von der Online-Generation, die sich freiwillig im Netz nackig macht, ist eben nur die halbe Wahrheit. Gerade der Boom der pseudonymen Websysteme für Egosurfing, Flirt und mehr macht es offenbar für den Einzelnen so unabdingbar, daß die Kernsphäre der privaten Lebensgestalltung auf der Festplatte gewahrt bleibt und niemand in die e-mail schaut. Das Internet lädt eben auch den “normalen” Nutzer dazu ein, Dinge auszuprobieren, die er oder sie in der Realität nur zögernd tun würden. Die Aussicht auf staatlichen Einblick macht diesen durch das Internet gefühlt entstehenden Freiraum zunichte, eine Perspektive die erstaunlich vielen Leuten nicht gefällt.

Offenbar ist es eben doch so, das jeder irgendwelche kleinen Geheimnisse und Verborgenheiten hat, die er für sich behalten will und die heutzutage eben oft im Computer stecken. Ob es nun etwas ausgefallene Porn-Vorlieben, ungewöhnliche Freizeitaktivitäten oder einfach nur Kommunikationsbeziehungen zu Leuten sind, mit denen es sonst keine Assoziation gibt, praktisch jeder hat eben doch etwas zu verbergen . Und das ist ein grundlegendes Recht, für das es lohnt aufzustehn und zu kämpfen.

Es wird klar, wie massiv der Generationenkonflikt ist, zwischen den Leuten die uns regieren, die sich ihr Internet im Wortsinne ausdrucken lassen, und allen die es eben einfach als Alltagsmedium und zentralen Lebensaspekt benutzen. Ich kann gerade nicht einschätzen welche Fraktion größer ist, klar ist jedenfalls das die Internet-Nutzer den aktiveren Teil der Bevölkerung stellen. Wenn wir uns nicht final von den Greisen mit den Webseitenausdrucken , die das Netz als Hort des Bösen ansehen, bevormunden lassen wollen ist jetzt der Zeitpunkt für Widerstand gekommen.

Am 22.9. gibt es in Berlin Gelegenheit, für das Recht auf die kleinen und großen Geheimnisse auf die Strasse zu gehn . Kommt alle.

Rumschippern

Nach zwei Wochen Bootfahr-Urlaub bin ich nun wieder zurück in der Realität aka. Berlin. Das Wasserfahrzeug war ein etwas älterer Voyager 860 . Durch die mit 5 PS eher sparsame Motorisierung ist das Boot führerscheinfrei, was allerdings, wie sich schnell herausstellte, nicht heisst das Motorbootfahren einfach ist.

Als erstes fällt auf, das so ein Boot keine Bremsen hat. Einmal in eine Richtung beschleunigt, folgt es dem Bewegungsimpuls erstmal eine Weile weiter, egal ob vorwärts, rückwärts, seitwärts oder drehend. Wie ein Raumschiff in 2D sozusagen. Man kann um Kollisionen mit Stegen, Brücken, Schleusen und anderen Wasserfahrzeugen zu verhindern, die sich in der momentanen Bewegungsrichtung befinden, nur lenken und Gegenschub geben. Das Lenken gestaltet sich ganz ok, solange es ohne enge Kurven vorwärts geht. Bei engen Kurven stellt sich dann heraus, das das Heck rumschwenkt (und z.B. gegen die Kanalwand oder ein anderes Boot in der Schleuse zu scheppern droht) Die Reaktion auf die Lenkung ist eher träge, und zwar um so träger je langsamer man fährt. Was dummerweise bedeutet, das gerade beim ein- und ausparken, wo präzise schnelle Lenkung schon schick wäre, man nur die Alternative zwischen sehr vorrausschauendem Gleiten bei langsamster Fahrt
und hektischem Steurradkurbeln mit kurzen kräftigen Gasschüben hat (bzw. einer Kombination von beidem).

Da keine Anzeige gibt, die einem die momentane Ruderstellung mitteilt, kommt es immer wieder vor, daß man lenkt, ein bißchen gasgibt und dann vollkommen überrascht ist, wo das Boot nun hinfährt. Mit der Zeit stellt sich dann so langsam die Erfahrung ein, aber so an den ersten zwei Tage waren Engstellen und Schleusen schon ein bischen nervenaufreibend und blieben bis zum Schluß spannend. Am Ende löst man dann die meisten Probleme durch abstossen oder ranziehen mit Hand, Fuß, Leine oder Bootshaken. Das geht oft wesentlich besser als rumkurbeln mit dem Motor.

Die befahrenen Gewässer erstreckten sich so etwa zwischen Rheinsberg, Neustrelitz, Templin und Zehdenick auf der Havel und den umliegenden Seen. Ich war überrascht wie schön viele Ecken sind, besonders auf dem südlichen Ende Richtung Zehdenick. Der Fluß ist da teilweise wildromantisch mit urwaldigen Ufern, zieht sich dann wieder in engen Mäandern durch die Wiesen so das es schien als wenn die Boote vor und hinter uns übers Gras fahren. Im nördlichen Teil ist es auch sehr schön, teilweise ist das Wasser in den Seen so klar das man metertief auf den Grund schaun kann. Ich hatte nicht erwartet das es noch so toll unverbaute Natur so nahe bei Berlin gibt.
Ein sehr empfehlenswerter Ausflug am Rande war der Ziegeleipark Mildenberg . Dort haben sie einen kleinen Teil der Ziegelleien, die die Ziegel für den Aufbau Berlins geliefert haben,
zu einem Park mit Museum umgebaut, incl. extensiver Kinderbespassungseinrichtungen wie Fahraddraisinefahren, Großsspielplatz und Rumzuckeln mit der ehemaligen Werksbahn. Für den Technikinteressierten gibt es hochinteressante Industriereste wie Rundöfen fürs Ziegelbrennen, eine alte Werkstatt mit komplettem Satz Maschinen in Transmissionsriemenbetrieb etc. Da ein Großteil der moderneren Anlagen nach dem Krieg als Reparationsleistungen von den Russen demontiert wurde, mußte die Produktion mit der Technologie vom Ende des 19. Jahrhunderts wieder angefahren werden, die daher noch weitgehend in Schuß gehalten wurde und zum Teil erst 1990 stillgelegt wurde.

Insgesamt ein sehr entspannter Urlaub, was sicher auch am Wetter lag. Wenn es dauernd geregnet hätte wäre das ganze eher ziemlich lästig geworden.

Staatsbürgerliche Pflichterfüllung

Die letzten Wochen habe ich größere Teile meiner Freizeit mit dem Versuch zugebracht, die letzten Demokratiereste in Deutschland vor dem digitalen Verwesen zu bewahren. Rop und ich haben damals gesagt, daß wir uns auch wegen der Eigenmotivation Schlachtfelder aussuchen müssen, auf denen wir auch mal gewinnen können. Dieses mal ging es um Wahlcomputer, und es scheint als könnten wir da vielleicht doch noch die Dinge zum besseren ändern.

Ergebnis der Mühe ist ein äusserst umfangreicher Bericht an das Bundesverfassungsgericht über die Angreifbarkeit von Wahlcomputern , inclusive eines sehr schicken Videos, das zeigt wie schnell man die EPROMs in so einer Kiste tauschen kann . Das Bundesverfassungsgericht hatte den Bericht beim Chaos Computer Club angefragt, um über die Beschwerde von Ulrich Wiesner gegen die Bundestagswahl 2005 zu urteilen.

Der Bericht baut auf der Arbeit von etwa zwei dutzend Mitstreitern in den Niederlanden und in Deutschland auf, ohne die wir es niemals geschafft hätten die Argumente gegen elektronische Wahlen so schön klar und überzeugend darzulegen. Allen, die mitgeholfen haben, dafür auch hier nochmal ein fettes Dankeschön!

Wer zu faul zum lesen des ganzen Berichts ist (die Lektüre ist nach dem, was ich bisher so an Feedback bekam, sowohl unterhaltsam als auch lehrreich) klickt hier für die Zusammenfassung .

Nun bleibt im wesentlichen Abzuwarten, ob das Bundesverfassungsgericht den Mut hat, sich unser Argumentation anzuschliessen. Das Presseecho könnte dank eines ausnahmsweise exzellenten Artikels im Spiegel von dieser Woche (Seite 46 in der Printausgabe, Online-Link ergänze ich sobald vorhanden) doch etwas umfangreicher werden. Schaun wir mal. :-)

PS: weil die Frage in einem Troll-Forum aufkam: Nein, es gab kein Honorar für den Bericht und die Auslagen haben wir auch nicht in Rechnung gestellt.

GeSatanamo und andere Details

Obwohl es erstmal nicht so aussah, verliert die Staatsmacht gerade den Kampf um die Bilder in Heiligendamm. Gefangene in Guantanamo-Style Käfigen ohne anwaltlichen Beistand, friedliche Hippies mit Wasserwerfern von der Strasse drücken, Journalisten blutig schlagen und mit Chemiewaffen besprühen, all das kommt nicht so wirklich gut an. Ein entscheidender Faktor für den Umschwung der öffentlichen Meinung ist die Allgegenwart von Digitalkameras bei den Demonstranten. Alles wird dutzendfach fotografiert, gefilmt und hochgeladen. Der Einsatz der üblichen Provokationsagenten in Zivil wird schwer, die Chance unerkannt zu bleiben ist gering. Das von der Polizei angekündigte “harte Durchgreifen” bei der Abschlußkundgebung ist wohl auch der Versuch, die verlorene Propagandaschlacht nochmal herumzureissen. “Gröhlende Terrorpunker jagen weinende Polizisten durch die Strassen!”, oder so ähnlich.

Die Strategie der Staatsmacht zum Niederkämpfen des zivilen Widerstands gegen ihre verfehlte Politik offenbart jenseits der taktischen Niederlagen jedoch eine strategische Koninuität die erwähnenswert ist. Die Sperrzone vor dem Zaun (die das Bundesverfassungsgericht krasserweise zwar für verfassungsrechtlich bedenklich befand, aber trotzdem wg. der Sicherheit durchgehen liess ) diente offensichtlich einem anderen Zweck als dem postulierten. Es ging nie darum, diese Sperrzone tatsächlich durchzusetzen. Worum es geht ist die Möglichkeit zur selektiven Kriminalisierung. Jeder, der sich in einer Gruppe in der Sperrzone auffhält, ist automatisch wegsperrbar. Es gibt keine Notwendigkeit, sich noch lange mit Details aufzuhalten, Beweise zu haben sammeln oder auch nur einen Anlaß zu haben. Jeder, der da ist, kann weggefangen und fortgeschafft werden. Dafür wurde offenbar auch die Propaganda-Niederlage in Kauf genommen, die alleine durch das Erreichen des Zauns durch Demonstranten entstand.

Die gleiche Strategie liegt der Mehrzahl der in der letzten Zeit durchgepeitschten “Sicherheits”maßnahmen zu Grunde. Die jüngste Verschärfung des Computerstrafrechts dient diesem Zweck, genau wie die “Antitterror”-Gesetze. Mit der systematischen Ausweitung der Anzahl strafbarer Handlungen wird es praktisch unmöglich, aktiv zu sein, ohne an irgendeiner Stelle mindestens hinrechend verdächtig zu werden, um den “Richtervorbehalt” zu erfüllen. Und dann greift das ganze Instrumentarium. Telefonüberwachung, GPS-Wanzen, Kennzeichenerfassung, Vorratsdatenspeicherung, Biometrische Vollerfassung, Observation, Geruchsproben, Speicherung in Terroristendateien, Schutzhaft.

Das Bundesverfassungsgericht hat den strategischen Kernaspekt der selektiven Kriminalisierung nicht gesehen oder nicht sehen wollen. Dabei ist die gezielte Schaffung der “rechtlichen” Vorraussetzungen für staatliche Willkürhandlungen ein Grundmerkmal totalitärer Systeme. So viel zu unser letzten Hoffnung Bundesverfassungsgericht.

Mit der sinnlos brutalen Repression in Heiligendamm werden eine Menge Leute radikalisiert. Angesichts der offenkundigen Bereitschaft der Staatsmacht, Provokationsagenten einzusetzen, kann es wohl kaum lange dauern, bis sich die Geschichte wiederholt. Bleibt zu hoffen, daß die Fehler von damals nicht nochmal gemacht werden.

Demokratie-Illusionen

Gerade komme ich von einer Veranstaltung der Gauck-Behörde zum Thema Telefonüberwachung in der DDR. . Es sprach u.a. eine Politikwissenschaftlerin namens Sigrid Philipps, die einen äusserst einschläfernden, weil vom Blatt abgelesenen “Impulsvortrag” halten sollte. Darin ging es (soweit mein säuselstimmensediertes Hirn sich erinnern kann), u.a. darum, das man doch die Ãœberwachung heute nicht mit der in der DDR vergleichen kann, weil heute kann sie ja darüber reden ohne dafür eingeknastet zu werden.

Ich muss sagen, das hat mal wieder alle meine Vorurteile über Politikwissenschaft bestätigt. Ich konnte dann nicht umhin, in der Diskussion später anzumerkten, daß es mitlerweile keinerlei Wirkung mehr zeigt, das man öffentlich über die ausufernde Ãœberwachung reden kann, weil die Exekutive halt einfach macht was sie für richtig hält, ohne sich von demokratietheoretischen Erwägungen stören zu lassen. Wir haben auch schlicht niemanden mehr, den man wählen könnte, der den politischen Willen besitzt die Bürger- und Freiheitsrechte wieder herzustellen. Von ihr kam dann als Replik noch der Vorwurf, man dürfe das nicht so pessimistisch sehen, weil dann würde man ja schon aufgeben, und ansonsten haben wir ja noch das Bundesverfassungsgericht. Yeah, right…

Oh man. Merken die eigentlich noch was in den Unis? Früher kam mal die politische Veränderung von da. Jetzt scheint der Glaube daran, das schon alles gut wird ™ die Realitätswahrnehmung zu überlagern, vermutlich sind ja sonst auch irgendwann die Zuschüsse von den Parteistiftungen für “Politikforschung” in Gefahr. Wahrscheinlich ist es auch zum Gutteil diese West-Sozialisierung, die suggeriert, das Demokratie plus Öffentlichkeit an sich schon ausreicht, um ein Abgleiten in eine Diktatur zu verhindern. Das es so etwas wie eine Demokratur der “Sicherheits”fanatiker geben kann scheint da noch nicht angekommen zu sein.

Für Hinweise auf Politikwissenschaftler (bzw. deren Publikationen), die noch irgendwas mit der Realität zu tun haben und nach vorne weisende Gedanken produzieren, bin ich wie immer dankbar. Ich finde es einstweilen zu frustrierend, in diesem Polis-Gefassel-Theoriemulch nach den eventuell verborgenen Nuggets zu suchen.

Achja, es fiel in einem der anderen Vorträge noch die interessante Zahl, das Ende der 80er in der DDR etwa 2 Millionen Gespräche pro Jahr aufgezeichnet wurden, was zu etwa 97.000 Gespächsprotokollen führte. Beeindruckende Zahl, mit Technik aus den 80ern. Lädt zu einem netten Politiker-Style Rechenvergleich ein. Nehmen wir mal die offizell knapp 135.000 überwachten Telefonkanäle (2005) in Deutschland. Bei durchschnittlich 3 Monaten Abhördauer sind das so ganz grob 33750 Kanäle, die jeweils zur gleichen Zeit abgehört werden. Wenn wir nun also nur mal annehmen, jeder Kanal würde vielleicht 4 Gespräche pro Tag führen (was vermutlich bei Leuten die des Abhörens für würdig befunden werden eher gering geschätzt ist), so landen wir bei fast 50 Millionen abgehörten Gesprächen pro Jahr. Die Anzahl der Abfragen von Namen und Adressen zu Telefonnummern durch “Sicherheits”behörden belief sich 2006 auf 3.6 Millionen und generierte 18.6 Millionen Abfragen dieser Daten durch die Bundesnetzagentur bei den TK-Anbietern. ( Jahresbericht der Bundesnetzagentur )

Und das ist nur die offizielle Statistik, ohne Geheimdienste und sonstiges illegales Abhören.
Nur mal so zum Vergleich, für all die Leute, die das Stasi 2.0-Label für übertrieben halten.

Lobbying ist tot und Politiker sind Idioten

Da setzt man sich hin und versucht ihnen die Welt zu erklären. Wo oben ist, wo unten, was es bedeutet wenn sie mal wieder unausgegorenen Quatsch beschliessen, und warum sie manchmal vielleicht doch lieber auf die hören sollten, die was vom Thema verstehen. Dann gibt es Anhörungen, in denen ihnen andere Experten nochmal erklären, warum das, was sie da gerade vorhaben, so nicht geht und dazu führen wird, das Deutschland wieder ein Stück weiter in den Abgrund rutscht. Man schreibt Pressemitteilungen, formuliert Briefe, redet mit Abgeordneten und ihren Mitarbeitern. Eigentlich sind sich alle einig, daß da vielleicht nochmal fünf oder sechs kritische Sätze geändert werden müssten, an dem Gesetzentwurf.

Und dann kommt so eine Meldung wie diese hier. .

Die Grünen: umgefallen, weil ihr Ausschussmitglied Jerzey Montag den knallharten Sicherheitsmacker markieren will (bayrischer Schnurrbartträger, hätte eigentlich Warnsignal genug sein müssen…). Die SPD: sagt das sie ja eigentlich verstanden hat, daß da Änderungsbedarf besteht, winkt aber durch, weil ihr Ausschussvorsitzender keinen Bock hat, nochmal wg. Ãœberschreiten der Deadline für die Umsetzung einer EU-Direktive angpfiffen zu werden, und überhaupt, die Fraktionsdisziplin. Die CDU/CSU: interessiert sich nicht mal mehr für die Meinung der betroffenen Industrie, wegen der Sicherheit. Die FDP: denkt wahrscheinlich gerade eher über die Farbe der nächste Dauerwelle für ihren Vorsitzenden nach. (Die Berichterstatterin der FDP war laut Tagesordnung Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, ich hatte die bisher für kompetent gehalten.)

Damit auch keine weiteren Zweifel aufkommen, wird das de-facto Berufsverbot für Computersicherheitsforscher in Deutschland nachts um zwei beschlossen werden, als Tagesordnungspunkt Nr. 23.

Ich hab keinen Bock mehr. In Lobbying investiere ich keine Minute mehr, es hat keinen Sinn. Die einzigen, die in diesem Land noch irgendeinen Realitätsbezug zu haben scheinen, sind die Bundesverfassungsrichter. Aber die können nun auch nicht alles reparieren und eine formaljuristische Weltsicht führt auch manchmal in die Irre. Wahrscheinlich werden sie ja demnächst ohnehin von der EU entmachtet, durch Parteiproporz-Trottel ersetzt und per Grundgesetzänderung kaltgestellt.

Wie wir mit diesem politischen Personal mal eine ernsthafte Krise meistern wollen, versuche ich mir lieber nicht vorzustellen.