Dem geneigten Leser wird vielleicht nicht entgangen sein, daß es gerade eine massive Auseinandersetzung über die sogenannten Online-Durchsuchungen aka. Bundestrojaner gibt, an der der CCC nicht so gänzlich unbeteiligt ist.
Wir haben uns schon immer ein bischen gewundert, warum von den Journalisten immer gleich zu erst die Frage “Und wie kann man sich davor schützen?” kommt. So langsam wird mir klar warum.
Mit Leuten, die sich sonst eher nicht so zu solchen Themen äussern und denen die ganze Überwachungsdebatte herzlich egal war, habe ich in den letzten Tagen interessante Gespräche, die mich etwas wesentliches lehren:
Wir haben uns immer gefragt, wo denn wohl die rote Linie ist, an der es so richtig vielen Leuten zu viel ist, wo der Überwachungswahn zu dolle wird, wo sie sich ganz persönlich betroffen fühlen. Die staatliche Ausforschung der eigenen Festplatte und des Onlineverhaltens ist offenbar diese rote Linie.
Das ganze Gefasel von der Online-Generation, die sich freiwillig im Netz nackig macht, ist eben nur die halbe Wahrheit. Gerade der Boom der pseudonymen Websysteme für Egosurfing, Flirt und mehr macht es offenbar für den Einzelnen so unabdingbar, daß die Kernsphäre der privaten Lebensgestalltung auf der Festplatte gewahrt bleibt und niemand in die e-mail schaut. Das Internet lädt eben auch den “normalen” Nutzer dazu ein, Dinge auszuprobieren, die er oder sie in der Realität nur zögernd tun würden. Die Aussicht auf staatlichen Einblick macht diesen durch das Internet gefühlt entstehenden Freiraum zunichte, eine Perspektive die erstaunlich vielen Leuten nicht gefällt.
Offenbar ist es eben doch so, das jeder irgendwelche kleinen Geheimnisse und Verborgenheiten hat, die er für sich behalten will und die heutzutage eben oft im Computer stecken. Ob es nun etwas ausgefallene Porn-Vorlieben, ungewöhnliche Freizeitaktivitäten oder einfach nur Kommunikationsbeziehungen zu Leuten sind, mit denen es sonst keine Assoziation gibt, praktisch jeder hat eben doch etwas zu verbergen . Und das ist ein grundlegendes Recht, für das es lohnt aufzustehn und zu kämpfen.
Es wird klar, wie massiv der Generationenkonflikt ist, zwischen den Leuten die uns regieren, die sich ihr Internet im Wortsinne ausdrucken lassen, und allen die es eben einfach als Alltagsmedium und zentralen Lebensaspekt benutzen. Ich kann gerade nicht einschätzen welche Fraktion größer ist, klar ist jedenfalls das die Internet-Nutzer den aktiveren Teil der Bevölkerung stellen. Wenn wir uns nicht final von den Greisen mit den Webseitenausdrucken , die das Netz als Hort des Bösen ansehen, bevormunden lassen wollen ist jetzt der Zeitpunkt für Widerstand gekommen.
Am 22.9. gibt es in Berlin Gelegenheit, für das Recht auf die kleinen und großen Geheimnisse auf die Strasse zu gehn . Kommt alle.