Wahlcomputer-Comic

Es gibt den Wahlcomputer-Comic aus Holland nun auch auf Deutsch. Sehr hilfreich um mal schnell Unbeteiligten das Problem klar darzulegen.

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Es fehlen noch knapp 38.000 Mitzeichner

Ich bin ja ganz freudig überrascht vom Fortschritt der Mitzeichner-Zahlen für die Wahlcomputer-Petition. Es wäre wirklich schön, wenn meine geneigten Leser nochmal ihre Freunde, Bekannten und Verwandten zu dem Thema ansprechen könnten. Wenn es insgesamt 50.000 Mitzeichner werden (derzeit 12309), gibt es automatisch eine Anhörung vor dem Petitionsausschuss. Wir haben noch Zeit bis zum Dienstag, 28. November 2006. Und für die Bequemlichkeit nochmal der Link zur Petition.

Und Pavel war auch mit in Cottbus und hat nun seinen fairen und ausgewogenen Bericht in seinem Blog.

Der offizielle Bericht aus Cottbus

So, nun gibt es auch den “offziellen” Bericht der CCC-Beobachtergruppe zur Oberbürgermeisterwahl auf Nedap-Wahlcomputern in Cottbus. Der geht ein bischen neutraler und ausführlicher auf die festgestellten Vorkomnisse ein und betrachtet das Ganze noch deutlicher unter Angriffs-Aspekten. Zu lesen gibts den Bericht hier .

Der Bericht aus Cottbus (Teil II und Schluss)

(Dies hier ist erstmal meine privat-persönliche Reflektion)

Anmerkung: Der besseren Chronologie halber empfiehlt es sich erst den Teil I zu lesen.

Die
Anlage I des Bundeswahlgesetzes
sagt folgendes:
“Das Wahlgerät ist so konstruiert, daß eine Veränderung des technischen Aufbaus und bei rechnergesteuerten Geräten auch der installierten Software durch unbefugte Dritte nicht unbemerkt bleibt.”

Die interessante Frage lautet natürlich: unbemerkt von wem genau? Im Wahllokal findet, wie wir feststellen konnten, keinerlei Prüfung statt, die über “Der Computer sagt er hat 0 Stimmen im Speicher, es ist der richtige Stimmbezirk und die richtigen Kandidaten sind konfiguriert” hinausgeht. Die Siegel und die Echtheit der Plombe wurden nicht wirklich geprüft, oft nichtmal wirklich wahrgenommen. Die Software-Version wird zwar angezeigt und auf dem Konfigurations-Kassenzettel vermerkt, aber mit Sicherheit hat das natürlich nichts zu tun.

Zusammenfassend kann man über die Aufbauphase der Wahl feststellen, daß es keinerlei Möglichkeit für den Wahlleiter im Wahllokal gibt eine Innentäter-Manipukalation im zentralen Wahlbüro oder während Transport oder Lagerung festzustellen.

Nach dem Aufbau schauten wir uns noch die Wahlen in ein paar Wahllokalen unter verschiedenen Aspekten an. Die beiden Videoteams führten Interviews mit Wählern. Praktisch alle hatten erstmal keinerlei Probleme mit Wahlcomputern. Auf etwas genauere Nachfrage wurden dann aber doch Zweifel laut, speziell beim Problem der Nachzählbarkeit.

Zu Ende des Tages haben wir uns dann noch die “Auszählung” angesehen.
Das Verhalten der Wahlvorstände beim Ausdruck des Ergebnisses war sehr verschieden. Bei mir im Wahllokal waren sie förmlich, korrekt und höflich, liessen uns alles dokumentieren und fotografieren. In einem anderen Wahllokal wurden den Wahlbeobachter der Einblick in das Wahlergebnis verweigert. “Dazu bin ich nicht befugt” sagte der Wahlleiter. Erst nach mehrfacher nachdrücklicher Nachfrage und Argumentation damit, daß das bei Papierwahlen ja wohl auch das Ergebnis im Wahllokal öffentlich ist las er dann äusserst grummelig das Ergebnis vor. Sicherlich kein Ruhmesblatt für die Demokratie.

Die endgültige Ermittlung des Gesamtresultats durch Auslesen der Module fand dann wiederum unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Der Wahlvorstand wurde von einem Vermessungsfahrzeug der Stadt eingesammelt. Er hatte dann den Wahlcomputer nebst Stimmmodul, Ergebnisausdruck und Wahlprotokoll dabei.

Die Verkündigung fand im Grossen Saal des Oberbürgermeister-Büros statt. Offenbar war da die fast gesamte Stadtverwaltung anwesend, um zu erfahren wer ihr neuer Boss wird. Der Verlierer von der CDU (der nach der Abwahl der alten Oberbürgermeisterin wegen Inkompetenz amtierte) war kurz vorm heulen. Aber bei nur so 40% der Stimmen war da nur noch wenig zu deuteln. Der Gewinner, bisher Brandenburger Bauminister liess sich dann ein bisschen feiern und sah so gar nicht nach blässlichem Ost-VEB-Vorsitzendem aus wie auf den Wahlplakaten. Mehr so sonnengebräunte Toskana-Fraktion. Vielleicht war er so schlau vor dem ganzen Stress nochmal eine Runde Urlaub zu machen.

Der Ergebnis gab es dann auf dem Beamer via Internet-Explorer Reload einer Seite aus dem Cottbusser Intranet. Zwischendurch stürzte der Browser auch mal ab. Neben der Leinwand stand ein Fernseher auf dem RBB lief, vielleicht in der stillen Hoffnung das der Brandenburger Regionalsender dem Wahlergebnis irgendeine Aufmerksamkeit widmen würde. Stattdessen lief da irgendeine Gartensendung und später eine Kochshow. Erst wurden Kürbisse gebraten, dann Kiwi-Törtchen mit einer sehr Vanilliehaltigen Creme fabriziert.

Der Bericht aus Cottbus (Teil I)

(Dies hier ist erstmal meine privat-persönliche Reflektion, einen sachlicheren und allgemeingültigeren gemeinsamen Report der CCC-Wahlbeobachtergruppe gibt es in den nächsten Tagen. Ich verlinke dann hier. Teil II des Berichts und Korrekturen an Teil I gibt es morgen, ich bin gerade doch zu müde zum weitertippen.)

Eine Chance, Nedap-Wahlcomputer im ganz praktischen Einsatz zu sehen, gab es diesen Sonntag in Cottbus. Aus einem ziemlich absurden Lokalpolitik-Sumpf spross die buntgescheckte Blume einer Oberbürgermeister-Neuwahl. Cottbus hat sich trotz horrenden Haushaltsdefizit den Luxus von 74 Nedap ESD1-Wahlcomputern gegönnt. Allerdings, wie wir heute Abend erfuhren. durch eine Haushaltssperre bedingt erstmal nur geborgt und noch nicht gekauft. Diese Chance konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen.

Ziel der Expedition war primär, so eine Nedap-Wahl mal Live & in Farbe zu beobachten. Nachdem sowohl der Hersteller als auch die PTB zugegeben haben, daß die Wahlcomputer problemlos manipulierbar sind, konzentriert sich die Argumentation der Nedap-Fetischisten auf die “prozuderale Sicherheit”. Alles sei super versiegelt, ständig unter Kontrolle, werde in geschützten Umgebungen gelagert. Da kommt keiner ran zum manipulieren und deshalb sind Wahlcomputer total vertrauenswürdig, so die öffentlichen Verlautbarungen. Das wollten wir uns natürlich mal etwas genauer ansehen.

Durch Anreise am Vorabend konnte ich mich, wenn auch mit arger Mühe, um eine äusserst grauenvolle Uhrzeit aus dem Bett hinaus in die Dunkelheit quälen, um rechtzeitig zur Inbetriebnahme des Wahlcomputers in einem nahegelegenen Wahllokal zu sein. Durch die Tageszeit bedingt war mein Orientierungssinn nur teilbetriebsfähig. Ich traf daher knapp zu spät im Wahllokal ein, die Kiste war schon aufgeklappt und angeschaltet. Die Dame vom Wahlvorstand meinte, auf mein Ansinnen die Inbetriebnahme beobachten zu wollen, nur trocken “Da müssen sie etwas früher aufstehen, junger Mann…”. Noch früher aufstehen hätte wahrscheinlich dazu geführt, daß ich noch orientierungsloser durch die Gegend stolpere und wäre damit vermutlich auch nicht zielführend gewesen. Das behielt ich aber mal lieber für mich. Sie war dann, nach kurzer laute vorgetragener Ãœberlegung ob die “Vorbereitung” des Wahlcomputers auch öffentlich sei, was ich mit einem selbstsicheren “ja, das steht so im Wahlgesetz.” beantwortete, aber doch bereit, mir das Inbetriebnahmeprotokoll zu zeigen und zu erläutern was sie so getan haben.

Die Nedap-Kiste wurde gegen 6.30 angeliefert. Das hat mir der Hausmeister erzählt, der hat sie angenommen, weil vom Wahlvorstand war noch niemand da. Die Wahlvorsitzende erklärte mir, daß sie beim betreten des Wahllokals den Wahlcomputer schon vorfanden, auf dem Tisch, verplombt. Daraus folgern wir messerscharf: die “geschützte Umgebung” für den Wahlcomputer bestand für mindestens 15 Minuten aus einem unverschlossenen Raum und einem mindestlohnempfangenden Schulhausmeister im fast-Rentenalter. Nichts gegen die persönliche Integrität des Hausmeisters, aber eine “geschützte Umgebung” sieht selbst bei gutwilligster Betrachtung anders aus… Der gleiche Vorgang, mit leicht unterschiedlichen Zeitfenstern für eine mögliche Hausmeister-gestützte Manipulation, wurde auch in mehreren anderen Wahllokalen in Schulen bestätigt. Ein Innentäter (wie sie in der Politik eher wahrscheinlich sind) würde natürlich weit bessere Zugangsmöglichkeiten nutzen, aber für einen Aussentäter ist das Kontrolloch schon echt attraktiv, weil einfach per social engineering auszunutzen.

Nach Ankunft des Wahlvorstands wurde nun gemeinsam de Plombe entfernt, mit der die Kiste im zentralen Wahlbüro verschlossen worden war. Dabei handelt es sich um eine echt altmodische Bleiplombe die eine Drahtschlaufe sichert. Ein Do-it-yourself Plombier-Kit für den ambitionierten Power-Voter gibt es hier für unter 100 Euro. Braucht man nur noch einen passenden Plombenstempel, der sich aus dem Abdruck einer Plombe ohne weiteres erstellen lässt. Die Plombe nebst Draht wurde dann zeremoniell im Wahlprotokoll verewigt..

Das Gehäuse der Rechnerplatine im Wahlcomputer wies interessanterweise zwei Siegel auf. Eines von Nedap, leicht aufgewertet durch den Einsatz von Plaste statt Papier (wie es noch in der ZDF-Doku zu sehen war) und eine kleines schwarzes von der PTB. Vermutlich wurde das nach der Sonderprüfung angebracht.

In dem Nedap-Koffer befindet sich dann noch der Ausdruck (vulgo Konfigurations-Kassenzettel) mit den Parametern, die im zentralen Wahlbüro eingestellt wurden. Der Ausdruck umfasst Stimmbezirk, Kandidaten, Stimmmodul-Nummer, Prüfsumme der beiden ROMs und ähnliches. Frappierender Weise wird im Wahllokal die Prüfsumme nicht gegen den Wahlcomputer verifiziert . Die Wahlvorstände konnten durchweg mit dem Begriff “Checksumme” der auf dem Kassenzettel steht nichts anfangen. Falls es eine Prüfsummen-Prüfung gab, wurde die im zentralen Wahlbüro durchgeführt. Wie alles dort unter Ausschluss der Öffentlichkeit, und damit faktisch gegen Insiderangriffe total wertlos. Es ist natürlich klar, daß so eine aus einer Blackbox generierte Checksumm keinen ernsthaften Schutz gegen manipulierte ROMs bietet, die würden einfach darauf programmiert werden die korrekten Prüfsummen anzuzeigen. Nichts leichter als das. Das die Wahlcomputer-Fetischisten aber nichtmal den Anschein von Sicherheit gegen Softwaremanipulation oder wenigstens gegen EPROM-Fehler wahren, den so eine selbstgenerierte Prüfsumme bildet, fand ich dann doch schon bemerkenswert. Die Konfigurations-Kassenzettel, die im zentralen Wahlbüro erstellt wurden, waren laute Unterschriftendatum bis zu zehn Tage alt, d.h. so lange standen die Nedap-Kisten da mindestens im Lager.

Demokratie online

Das mich die Abschaffung von Wahlcomputern gerade umtreibt sollte schwer zu übersehen gewesen sein. Es gibt nun eine wohlformulierte Petition zu Abschaffung des Paragraphen im Wahlgesetz der den Einsatz dieser Kisten erlaubt. Die Seite zum Mitunterzeichnen ist hier . Die drei Klicks sollte jedem die Erhaltung der Demokratie wert sein.

Worth reading

Pavel has writen an (admittedly long) open letter to George W. Bush. The form and length might be unusual, but it is certainly worth reading. Especially if you like the fucked up world situation summed up nicely, plus a number of interesting insights and suggestions.