Der Bericht aus Cottbus (Teil II und Schluss)

(Dies hier ist erstmal meine privat-persönliche Reflektion)

Anmerkung: Der besseren Chronologie halber empfiehlt es sich erst den Teil I zu lesen.

Die
Anlage I des Bundeswahlgesetzes
sagt folgendes:
“Das Wahlgerät ist so konstruiert, daß eine Veränderung des technischen Aufbaus und bei rechnergesteuerten Geräten auch der installierten Software durch unbefugte Dritte nicht unbemerkt bleibt.”

Die interessante Frage lautet natürlich: unbemerkt von wem genau? Im Wahllokal findet, wie wir feststellen konnten, keinerlei Prüfung statt, die über “Der Computer sagt er hat 0 Stimmen im Speicher, es ist der richtige Stimmbezirk und die richtigen Kandidaten sind konfiguriert” hinausgeht. Die Siegel und die Echtheit der Plombe wurden nicht wirklich geprüft, oft nichtmal wirklich wahrgenommen. Die Software-Version wird zwar angezeigt und auf dem Konfigurations-Kassenzettel vermerkt, aber mit Sicherheit hat das natürlich nichts zu tun.

Zusammenfassend kann man über die Aufbauphase der Wahl feststellen, daß es keinerlei Möglichkeit für den Wahlleiter im Wahllokal gibt eine Innentäter-Manipukalation im zentralen Wahlbüro oder während Transport oder Lagerung festzustellen.

Nach dem Aufbau schauten wir uns noch die Wahlen in ein paar Wahllokalen unter verschiedenen Aspekten an. Die beiden Videoteams führten Interviews mit Wählern. Praktisch alle hatten erstmal keinerlei Probleme mit Wahlcomputern. Auf etwas genauere Nachfrage wurden dann aber doch Zweifel laut, speziell beim Problem der Nachzählbarkeit.

Zu Ende des Tages haben wir uns dann noch die “Auszählung” angesehen.
Das Verhalten der Wahlvorstände beim Ausdruck des Ergebnisses war sehr verschieden. Bei mir im Wahllokal waren sie förmlich, korrekt und höflich, liessen uns alles dokumentieren und fotografieren. In einem anderen Wahllokal wurden den Wahlbeobachter der Einblick in das Wahlergebnis verweigert. “Dazu bin ich nicht befugt” sagte der Wahlleiter. Erst nach mehrfacher nachdrücklicher Nachfrage und Argumentation damit, daß das bei Papierwahlen ja wohl auch das Ergebnis im Wahllokal öffentlich ist las er dann äusserst grummelig das Ergebnis vor. Sicherlich kein Ruhmesblatt für die Demokratie.

Die endgültige Ermittlung des Gesamtresultats durch Auslesen der Module fand dann wiederum unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Der Wahlvorstand wurde von einem Vermessungsfahrzeug der Stadt eingesammelt. Er hatte dann den Wahlcomputer nebst Stimmmodul, Ergebnisausdruck und Wahlprotokoll dabei.

Die Verkündigung fand im Grossen Saal des Oberbürgermeister-Büros statt. Offenbar war da die fast gesamte Stadtverwaltung anwesend, um zu erfahren wer ihr neuer Boss wird. Der Verlierer von der CDU (der nach der Abwahl der alten Oberbürgermeisterin wegen Inkompetenz amtierte) war kurz vorm heulen. Aber bei nur so 40% der Stimmen war da nur noch wenig zu deuteln. Der Gewinner, bisher Brandenburger Bauminister liess sich dann ein bisschen feiern und sah so gar nicht nach blässlichem Ost-VEB-Vorsitzendem aus wie auf den Wahlplakaten. Mehr so sonnengebräunte Toskana-Fraktion. Vielleicht war er so schlau vor dem ganzen Stress nochmal eine Runde Urlaub zu machen.

Der Ergebnis gab es dann auf dem Beamer via Internet-Explorer Reload einer Seite aus dem Cottbusser Intranet. Zwischendurch stürzte der Browser auch mal ab. Neben der Leinwand stand ein Fernseher auf dem RBB lief, vielleicht in der stillen Hoffnung das der Brandenburger Regionalsender dem Wahlergebnis irgendeine Aufmerksamkeit widmen würde. Stattdessen lief da irgendeine Gartensendung und später eine Kochshow. Erst wurden Kürbisse gebraten, dann Kiwi-Törtchen mit einer sehr Vanilliehaltigen Creme fabriziert.

4 thoughts on “Der Bericht aus Cottbus (Teil II und Schluss)

  1. Pingback: rucksackreinigung

  2. Coragonis Munro

    Hier und beim CCC liest man immer von Audio- und Videoaufzeichnungen, die sind aber nicht verlinkt, wo gibt es denn die Aufzeichnungen?

  3. frank Post author

    Noch nicht online, kommen in den nächsten Tagen nach dem Runterrechnen.

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