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Kleiner Schönheitsfehler im Paradies
Von Sao Paulo bin ich mit dem Fernbus zur Insel Ilhabela gefahren, das ist für die Paulistas ungefähr so wie Rügen für die Berliner: ein nahegelegenes Ferienparadies im Meer. Wie der Name schon sagt ist die Insel wirklich schön. Touristisch erschlossen ist die der Kuste zugewandte Seite. Vom Festland aus kommt man mit einer kostenlosen Fähre hin, die ungefähr alle Stunde von Sao Sebastiao fährt
Die Natur hier ist tropisch üppig und sehr grün und bunt. Die ersten zwei Tage war es bedeckt und nieselig, bei knapp 30 Grad. Abends ging ein monströser Regen nieder, das Wasser schoss in Sturzbächen die Hangstrassen herunter, die Ablaufgräben gurgelten und spritzten.
Seit gestern ist es sonnig und heiss, 33 Grad mittags. Durch den leichten Wind von der See ist es trotzdem angenehm.
Die scheinbar ungetrübte Strandszene oben weist einen kleinen Schönheitsfehler am Horizont auf: die Schiffe im Bild sind Öltanker, die ihre Fracht am Petrobras-Terminal in Sao Sebastiao ausladen. Von dort wird es zu den grossen Rafinerien weiter im Landesinneren transportiert. Riesige Lagertanks umrahmen die kleine Stadt. Die Schiff liegen bis weit hinten am Horizont auf Reede.
Offenbar hat Petrobras das Ladeterminal recht gut im Griff, an den Stränden und im Wasser ist von den riesigen Ölmengen, die quasi in Sichtweite umgepumpt werden, nichts zu sehen oder zu riechen. Trotzdem ist der Gedanke natürlich etwas beunruhigend. Das Paradies ist nur einen Fehler, eine Nachlässigkeit von der Katastrophe entfernt…
Ein Besuch beim Garoa Hacker Clube
Wenn ich auf Reisen bin schaue ich immer gern bei oertlichen Hackerspaces vorbei. Die Hackerspaces sind sowas wie ein Stueckchen verteilte Heimat, man fuehlt sich sofort zu Hause, trifft immer interessante Leute die spannende Projekte betreiben und zur Not gibt es dort immer Internet und auch mal einen Loetkolben und ein Osziloskop. Persoenlich spannend finde ich die Organisationsformen und sozialen Gepflogenheiten.
In Sao Paulo gibt es einen Space, der bei kurzem Durchblaettern der Optionen sofort mein Interesse erregte: der Garoa Hacker Clube.
“Garoa” heisst etwa Nieselregen, nach einem durchaus haeufigen Wetterzustand in Sao Paulo. Das Logo des Clube ist dementsprechend. Der Clube ist organisiert, wie viele Hackerspaces in Europa auch – die Mitwirkenden poolen ihre Ressourcen und tragen jeweils einen Teil zur Miete bei.
Der Garoa Hacker Clube ist in einem sehr schicken Gebaeude untergebracht, in dem noch allerhand andere Digital/Kunst/Technik/Politik-Projekte beheimatet sind, der Casa Cultura Digital. Die Raeumlichkeiten sind durch die Kellerlage etwas beengt, aber sie koennen nach Bedarf die allgemein vorhandene Infrastruktur nutzen, wie etwa die Rumhaengecke mit vielen bunten Kissen.
Unser Besuch platzte in den gerade laufenden Ardunio-Workshop und ich habe dummerweise vergessen zu fragen, ob Bilder mit Gesichtern der Teilnehmerinnen (kein Schreibfehler) publikationfrei sind. Also gibts hier ein paar Bilder ohne Personen,
Eines der Projekte, an denen gearbeitet wird, ist die oben sichtbare Mechanik nebst Steuerung fuer eine CNC-Maschine. Ob es eine Fraese, ein Lasercutter oder ein Plasteprinter wird, stellt sich irgendwann spaeter noch heraus.
Ein wirklich cooles Langzeit-Projekt ist der Bau einer eigenen Flipper-Maschine. Sehr viel Mechanik daran ist selbstgebaut, lasergeschnitten oder gedruckt. Wer mal versucht hat, auch nur eine kleine Reperatur an einem Flipper durchzufuehren, wird zu wuerdigen wissen, was hier versucht wird.
Werkzeug und Teile sind in Brasilien schon im wesentlichen zu bekommen, allerdings nicht immer unproblematisch zu beschaffen, in der Regel nicht billig und oft nicht in bester Qualitaet. Die Hacker hier sind daher noch gut am improvisieren und vor allem auch teilen und einander aushelfen. Eines der Hilfsmittel ist ein Chip Exchange, wo man nicht benoetigte Chips hinterlassen und dafuer wieder welche mitnehmen kann. Praktischerweise ist das ganze auch gleich mit einem USB-Toter-Briefkasten fuer den offline-Datenaustausch kombiniert.
Ein paar Aufkleber aus dem CCC-Fundus blieben als Gastgeschenke da.
Im Austausch gab es eine schoene Idee zur Materialbeschriftung.
Lokaler Lastentransport
Die Stadt ist unglaublich voll mit Autos, die alle grossen Strassen tagsüber permanent verstopfen. Interessanterweise gibt es aber in den einzelnen Vierteln durchaus alternative Low-Cost-Transportmethoden. Hier eines der überall zu sehenden Lastenräder für den Trinkwasserspender-Kartuschentransport. Das Wasser aus dem Hahn ist eher misstrauenerregend und schafft es, gleichzeitig faulig und chlorig zu riechen, das Trinkwasserbusiness ist hier daher recht umfänglich.
Das Lastenrad ist nicht so ganz der Traum eines TÃœV-Prüfers, aber scheint seinen Dienst zu tun…
Auf Reisen – Sao Paulo
Es ist ja immer wieder schön, nach einiger Zeit an einen interessanten Ort zurückzukehren und zu beobachten, was sich so verändert hat. Ich bin gerade für ein paar Tage in Sao Paulo, angesichts des harten Winters durchaus ein ganz angenehmes Timing. Gerade hab ich noch viel zu tun, daher erstmal nur ein paar Bilder.
Nachts bei Vollmond, Ausblick von der Dachterrasse des Hotels.
Der Blick zur anderen Seite. Hochhäuser gibt es hier in unglaublichen Mengen.
Der Grill in einer Churasceria. Das Fleisch wird auf Spiessen gegrillt und am Tisch in dünnen Scheiben auf den Teller geschnitten, immer die knusprige Aussenschicht. Die Fleischqualität ist exzellent.
Die Infrastruktur wuchert einfach immer weiter…
Auffällig auf den Mauern, insbesondere um die abgeschlossenen und bewachten Hochhäuser der etwas wohlhabenderen Schichten, aber auch auf den Einfriedungen von kleineren Häusern sind die Elektrodraht-Installationen. Ich dachte ja erst, es handelt sich dabei um die üblichen Alarmdrähte, aber mir wurde versichert, daß die Drähte tatsächlich Stromführend sind. Ob das mehr so im Bereich Weidezaun oder tatsächlich lebensbedrohlich ist, habe ich noch nicht rausbekommen können.
Gullfoss-Wasserfall
Es war da ungefähr so kalt, wie es aussieht. Eisiger Wind, alles vereist und zugefroren. Die Strasse weiter Richtung Gletscher nur noch mit Sonderfahrzeugen befahrbar. Aber wie man sieht hat sich er Weg gelohnt…
(in hoher Auflösung auch hier verfügbar.
Blau machen
Blau machen geht wohl nirgendwo so gut wie in der Blauen Lagune. Gelegen im Lava-Nirgendwo zwischen Reykjavik und Kevlavik plätschert ein riesiger Pool aus Schwefel-Silikat-Geothermiewasser, der ursprünglich das Abwasser eines Erdwärmekraftwerks war. Mitlerweile wurde der Pool verlegt (das Kraftwerk wurde vergrößert) und um einen luxuriösen Gebäudekomplex für Umkleiden, Resataurant etc. ergänzt.
Das Wasser ist milchigblau und der mitgetragene Silikatschlamm lagert sich auf allen Oberflächen zu einer weißen, glatten Schicht ab. Selbst raues, schwarzklüftiges Lavagestein sieht aus wie glasiert. An verschiedenen Stellen wird frisches, heißes Wasser in die Lagune gepumpt, so daß man sich schwimmplantschflollopend zwischen wärmeren und kälteren Zonen bewegen kann. Saunen gibt es auch und am Ende bleibt die Frage ob es irgendwo eine noch schönere Warmplantsche gibt. Ich habe Zweifel.
Stadtrundgang
Ausblick hinter dem Hotel
Es ist relativ hügelig hier…
Das Leif-Ericsson-Denkmal
Die dauzugehörige Kirche. Der Baustil ist leicht gewöhnungsbedürftig.
Lustige kleine Häuser gibt es immer wieder in der fast durchweg niedrigen Bebauung. Typischerweise mit Wetterverkleidung aus Wellblech.
Eines der sichtbaren Zeichen der Bankenkatastrophe. Ein sinnloser Glaskasten, praktisch leerstehend.
Spannende Kombination von Kunst und Bildung. Ich überlasse es mal dem geneigten Leser, die Bedeutung zu erraten. Hinten rechts im Bild ist eines der wenigen Stücken Eisenbahngleis auf der Insel.
Noch mehr Kunst, dieses mal am Bau. Die Ähnlichkeit mit verschiedenen Stilvarianten des sozialistischen Realismus ist frappierend..