Brüssel

Der Flug von Schönefeld führte mich mit dem Jungfrauen-Express nach Brüssel. Virgin Express ist die Airline, die bisher in Mitteleuropa den Rekord in puncto abgeschrabbelte Sitze (sogar ohne das zum Fensterputen so praktische Kopf-Platzdeckchen) hält. Selbst Bulgarian Airlines mit ihren alten Ex-Lufthansa-Geräten sah besser aus. Vom Service habe ich nichts mitbekommen, immerhin war das Kabinenpersonal so freundlich meinen Schlummer zu respektieren (Augenmaske hilft).

Der Flughafen Brüssel ist seelenlos-ununterscheidbar, die übliche Glas/Stahl/lange Tunnel Angelegenheit bei der man nie weiss in welcher Stadt man ist (München? Düsseldorf? London? Frankfurt? Amsterdam?). Vermutlich wird Schönefeld dann genauso umgebaut, globalisierte Einheitsarchitektur ohne Gesicht.

Die Stadt (bzw. das wenige was ich mitbekam) ist sehr vielfältig bis wirr, der Abend-Stau auf den Hauptstrassen rekordverdächtig. Irgendwie wirkt Brüssel ein bischen heimatlos und zerrissen. Französisch und holländisch wird gesprochen (hier walonisch bzw. flämisch genannt), für den Uneingeweihten unvorhersehbar was wo bzw. bei welcher Gelegenheit. Vieles wirkt etwas importiert, nachgemacht oder abgeschaut, ohne das ich es wirklich fassen kann. Die übliche Globalisierung von Läden und Marken trägt natürlich auch dazu bei, wie die Vielzahl von internationalen Institutionen die hier angesiedelt ist. EU und NATO haben hier umfangreiche Installationen, jede mit zehntausenden Mitarbeitern aus allen Mitgliedstaaten. Für richtiges Sightseeing fehlte leider die Zeit. Ich muss zwar grade noch zwei Stunden auf dem Flughafen vergammeln, aber die noch in der Stadt zu verbringen traue ich mich angesichts des monströsen Staus zum Abend hin nicht, die Gefahr den Flug zu verpassen ist zu hoch.

Das Hotel “President Nord” Brüssel hat es spielend in meine Top 10 schlimmer Hotels geschafft. Die Matratze wurde vermutlich das letzte Mal Ende der 60er gewechselt, als auch das Hotel zuletzt renoviert wurde. Die Zudecke eine widerliche Jugendherbergs-Angelegenheit aus Laken unter fragwürdiger Wollsurrogatextrakt-Zudecke, die Kissen steinhart und staubig. Das Bad eine Meisterleistung des French Engineering. Wie man es fertigbringen kann, den fest montierten Duschkopf so anzubauen, daß das Wasser grundsätzlich innen am Duschvorhang runterfliesst, werde ich wohl nie verstehn. Immerhin gibt es dann beim aus der Wanne steigen ein erfrischendes Fussbad, weil die Heldenkonstrukteure einen Abfluss im gefliessten Badboden auch nicht für nötig hielten…

Die absolute Krönung des Zimmers sind die Fenster. Es handelt sich um Einfachscheiben, die aus unklarem Grund in Alurahmen verbaut sind, wie sie sich sonst bei Isolierglas finden. Damit man diesen tollen Einfall auch richtig würdigen kann, befindet sich das Hotel an einer Kreuzung zwischen einer vielbefahrenen Hauptstrasse und einer Gasse, durch die sich des nächstens die Zuliefer-LKWs der umliegenden Sexshops und Supermärkte wühlen. Das Frühstück hat dann erwartungsgemäß auch nichts mehr rausgerissen; das beste was sich darüber sagen lässt ist, daß das Teewasser fast heiss war…