Ich habe wohl schon eine Weile kein Buch mehr gelesen das ähnlich ambivalente Gefühle hinterliess. Die Position die Crichton in State of Fear bezieht ist auf der einen Seite recht deutlich. Er hält Globale Erwärmung und die Gefahr eines plötzlichen Klimaumschwungs für Quatsch, für eine übertriebene Position die wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen ist.
In seinem Plot plant eine quasi-terroristische “Umweltorganisation”, durch Inszenierung von Ereignissen (Kalben eines riesigen Eisbergs durch Sprengungen, Hurrican-Lenkung, Auslösung eines Tsunamis), die angeblich mangelnden wissenschaftlichen Beweise für die Klimaerwärmung bzw. das Ansteigen des Meeresspiegels zu kaschieren. Er gibt sich viel Mühe, mit Temperaturkurven, Studien und wissenschaftlich klingenden Argumenten aufzuzeigen das alles was man so gemeinhin als Europäer als Stand der Dinge zum Thema annimmt als unbelegt, theoretisch und nur auf unzureichenden Computersimulationen basierend darzustellen. Sehr bequem wenn man weiter SUV fahren will ohne ein schlechtes Gewissen zu haben (was Die Guten in dem Buch auch reichlich und gern tun, Die Bösen fahren nahezu ausschliesslich umweltfreundliche Toyota Prius )
Schon ohne weiteres Nachsehen erscheinen die aufgeführten Argumente sehr selektiv und dementsprechend haben Klimatologen seine Darlegungen auch schon recht ausführlich widerlegt . Angesichts der im letzten Jahr hinzugekommenen Erkenntnisse und der sich abzeichnenden Gefahr einer exponentiellen Verstärkung der Erwärmung durch Sekundäreffekte erscheinen mir seine Positionen hier nicht haltbar.
Sehr wohl diskussionwürdig erscheint mir jedoch ein anderer Aspekt des Buches. Crichton beklagt wohlinformiert den Zustand einer Gesellschaft die “Issue”-getrieben ist. Auf deutsch: immer wieder wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben und alle Medien machen mit. Es wird nicht hinterfragt, die Darstellung komplexer und uneindeutiger Zusammenhänge unterbleibt. Wenn man keine Schlagzeile draus machen kann ist es kein Thema. Politiker reagieren auf dieses “Issues” indem sie “etwas tun”, was dann bestenfalls wirkungslos und im schlimmsten Fall kontraproduktiv ist. Das Phänomen der exzessiven Klagen gegen alles was irgendwie anklagbar erscheint und Geld hat führt in den seltensten Fällen zu sinnvollen Lösungen. Kritisch wird es in den USA durch den seit etlichen Jahren selbstverstärkenden Zyklus von “Issues”, Sammelklagen und Politik. Offenbar sind alle Beteiligten mit dem System zufrieden und die Anzahl der Anwälte mit immer höherer Spezialisierung nimmt bizarre Ausmasse an. Forschung erfüllt oft genug nur noch die Wünsche der Finanziers der Studien, einfach weil die Forscher ja auch noch eine Anschlussfinanzierung haben wollen.
Hier kann ich Crichton voll und ganz folgen. Er hat den Problemkreis gut zusammengefasst, nur wie ich meine am falschen Thema. Ansonsten ist das Buch ein netter Thriller mit interessanten Details.
Danke für diesen sehr informativen Artikel. Ich bin über die Technorati-Suche hier gelandet.
Besonders bei Deinem vorletzten Punkt gebe ich Dir recht.
Ich habe das Buch zwar nicht gelesen, aber Dein Artikel und das Gerücht, wonach der Autor seine Fakten größtenteils aus Firmen-Studien bezieht reichen mir…
Abgesehen davon: allein im Bezug auf unaufhaltsam steigende Energiekosten lohnt sich ein sparsamerer Umgang mit den Ressourcen — ob Klimawandel oder nicht. Die in den USA (momentan noch) niedrigeren Kosten dafür verzögern das Umdenken vermutlich nur.