Datenstollen

Wer auch immer die grandiose Idee hatte, das Datenleck bei der LBB als Kompensation für einen Weihnachtsstollendiesbstahl zu tarnen hat auf jeden Fall einen Kreativitätspreis verdient. Die Glaubwürdigkeit ist zwar ein bißchen eingeschränkt, aber hey, dafür ist es eine gute Story…

Ein Vorschlag: Der Datenbrief

Nachdem nun auch der Mainstream-Presse klarwird, daß der Datenhandelszoo mit dem derzeitigen Herangehen nicht in den Griff zu bekommen ist, hier ein neuer, radikaler Vorschlag für eine Gesetzesänderung:

Jeder, der personenbezogene Daten (also z. B. Name, Adresse und dazu zugeordnete Daten) von mehr als sagen wir 500 Personen speichert oder verarbeitet, muß einmal im Jahre allen in der Datenbank einen Brief schreiben, in der alle über ihn gespeicherten Daten aufgelistet sind. Der Datenbrief muss ein “Nein, ich will nicht”-Formular enthalten. Der Brief kann mit der normalen Geschäftskorrospondenz verschickt werden oder auch per e-mail, wenn keine Postadresse vorhanden ist. Die Pflicht gilt EU-weit und die Regierung wird dazu verdonnert in alle Safe-Harbor und ähnlichen Verträge diese Klausel aufzunehmen. Achja, Behörden sind auch dazu verpflichtet.

Und nun erzählt mir nichts von Kosten oder sowas. Im Vergleich zum Schaden den die Datenverbrecher anrichten sind das Peanuts.

Und damit das ganze auch Biss bekommt wird eine Schadenersatzpflicht von 10.000 Euro, zahlbar an den Betroffenen pro Einzelfall ins Gesetz geschrieben.

Update: Zur Mitteilungspflicht gehört natürlich auch eine Auskunft im Datenbrief an wen und warum die Daten weitergegeben wurden und wie sich etwaige Scoring-Werte und ähnliches berechnen.

Sommerzeit kostet mehr Energie

Auf der Basis von Simulationen wurde es schon lange vermutet, jetzt solide wissenschaftlich belegt: Sommerzeit spart keine Energie, es wird mehr verbraucht . Studiengrundlage war, daß im US-Bundesstaat Indiana nicht alle Counties bei der Zeitumstellung mitmachen. Dadurch ergab sich die Möglichkeit, gute Vergleichszahlen zu gewinnen. Wird Zeit, daß dieser Unsinn endlich abgeschafft wird (aber das sage ich ja nun schon seit einigen Jahren…).

in other news…

Die ukrainische Regierung versucht gerade die russischsprachigen Fernsehsender in der Ukraine zu plätten . Russland hat klargestellt das sie das nicht lustig finden. Ich habe so den dunklen Verdacht, daß im Schatten des sich abzeichnenden USA-Wahlchaos und der Finanzkrise die Spaltung oder Rerussifizierung der Ukraine passieren könnte. Deutschlands Primärinteresse ist gerade im Winter die stabile Gas- und Ölversorgung. Insofern wird da von unser Kanzlerin nicht mehr als ein paar besorgte Worte zu erwarten sein. Die USA kann grade nix machen und der Rest der Welt ist ohnehin mit sich selbst beschäftigt. Prima timing.

Winkewinke, Sozialdemokratie

So langsam ist die SPD auflösungsreif. Nach ihrem verkackten Ausflug in den Neoliberalismus (light) Schröderscher Prägung ist das Hessen-Theater dann wohl der finale Sargnagel. Wenn Linke und Gründe auch nur einen Anflug von Verstand und Geschick haben, werden sie den linken Flügel der SPD abräumen und der Rest wird dann orientierunglos vor sich hin dümpeln.

Ehrlichgesagt ist es nicht besonders schade um eine Partei, die es seit ihrer Gründung immer wieder geschafft hat, selbst aus der Rückenlage noch umzufallen, wenn es mal um echte Probleme geht, die Prinzipien und Stehvermögen erfordern. Politische Talente mit Visionen sind in Deutschland ja ohnehin kaum noch zu finden, und wenn werden sie sicher nicht in so einen gerontokratischen Opportunistenhaufen gehen. Die einzige Partei, die noch kompetenter im Selbstzerballern ist, ist die Berliner CDU. Die spielen allerdings, nachdem sie Landowsky aus dem Eisschrank geholt haben, in einer ganz anderen Kreisliga.

Short commercial break

It is always fascinating to see something you have thought about and cared about for a long time going live and Beta. Long-time readers of this blog know that I have a serious e-book affection. Like most people who read a lot of digital text, I crave for a nice way to manage large numbers of documents, share them with my friends, rate them, have them acessible and nicely formated on whatever device I choose to read them. Unfortunatelly, there has been no satisfying solution. Yet.

Two years ago I talked my good friend Andreas Steinhauser into doing something against the sorry state of affairs. A company was founded, financing secured, lots of software written by a marvelous team. I only could provide some advice and ideas, due to other commitmens.

And now its going live: txtr.com . The Beta is by far not feature complete, but you can already create collections for documents, bulk upload them and choose if only you, your friends or everybody can see and work with them. I especially like the online preview, so no downloading of 10 MB of PDF, only to find out its written in Medieval Elbonish. The user interface is drag & drop inside the browser, which makes everything nice and easy. (As I said, its still Beta, so don´t be too rude.)

There is much more stuff to come in the next months which I am unfortunatelly not authorized to disclose yet. But what I can tell you is that I can barely wait to get my hands on it.

Wahlcomputerbeobachtung heute in Brandenburg

Heute ist in Brandenburg Kommunalwahl. Da ja in den ländlichen Gegenden die Nachrichten immer etwas länger brauchen, haben 10 Gemeinden noch nicht mitbekommen, daß Wahlcomputer mitlerweile out sind. Vielleicht die letzte Gelegenheit, sich NEDAPs nochmal in der freien Wildbahn anzusehen. Die Wahlbeobachtung läuft und dieses mal volle Kanne 2.0: kurze Updates gibt es auf Twitter und ausführlichere Berichte als Suppe .

Widerliches TV-Format für 5000

In der Schule meines Sohnes wurde gerade in der Elternversammlung debattiert, ob die Klasse an einem “TV-Projekt” teilnehmen möchte. Sozial sollte es sein, engagiert und interessante Fragen aufwerfend. Nun, das wird schon seine Richtigkeit haben dachte ich als das Thema zuerst vor ein paar Wochen aufkam, bis dann der Vertrag der Produktionsfirma auf dem Tisch lag und Details klar wurden. south & browse (Vorsicht, grottiges Flash), eine in den sumpfigen Niederungen der seichten deutschen Vorabendfernsehunterhaltung verwurzelte Produktionsfirma, hat sich da etwas ziemlich widerliches ausgedacht.

Das Konzept, mit dem plakativen Namen “Geld zu Verschenken”, geht etwa so: man castet sich über solche Anzeigen ein paar notleidende Menschen zusammen. Die dürfen sich dann, getrieben von der Aussicht auf den Gewinn von 5000 Euro, einmal komplett exhibitionieren und erklären, warum gerade sie besonders bedürftig sind. Dann nimmt man sich eine Gruppe behüteter Gymnasialschüler und lässt sie entscheiden, welches der drei auf möglichst telegenes Notleiden zurechtgecasteten Opfer die 5000 Euro bekommt. Die Bedürftigen brauchen das Geld für eine Therapie, einen lange ersehnten Urlaub oder ähnliches. Verkauft wird das dann den Eltern als eine Aktivität, bei der die Schüler lernen, Verantwortung zu zeigen, Entscheidungen zu treffen und mit der realen Not da draussen konfrontiert zu werden.

Nicht besonders überraschend war, daß einige Eltern das gut fanden. Wenn man einmal an die Brot-und-Spiele Logik des derzeitigen TV-Sumpfes gewöhnt ist, scheint der Gedanke an so eine kranke Konstruktion nicht weiter absonderlich zu sein. Die armen Menschen haben doch schliesslich eine gute Chance, so ihre Not zu lindern!

Um es mal klar und unmissverständlich zu formulieren: es handelt sich dabei um eine zynische Einschaltquotenjagd, die auf blankem Elendsvoyerismus und eiskalter Erweiterung der Zielgruppe durch Einbindung von Schülern als Akteure beruht. Keines der vorgebrachten Argumente, warum das denn nun gut für die Schüler sei, hielt einer Ãœberprüfung stand. Mein Liebling dabei war “die Jugendlichen lernen schwierige Entscheidungen zu treffen”. Was für ein Bullshit. Derartige Game-Konstruktionen werden von theoretischen Philosophen und Ethikern gerne gewählt, um praxisferne Erwägungen durchzuspielen. “Sie stehen vor einem brennenden Haus, haben aber nur Zeit um eine Person zu retten. Welche Person retten Sie?”. Solche Situationen kommen im Alltag von Feuerwehrleuten oder Notfallärzten vielleicht gelegentlich mal vor, für die Herausbildung einer praxistauglichen ethisch-moralischen Weltanschauung sind sie jedoch irrelevant.

Die offensichtliche Lösung “Na, dann teilen wir das Geld halt durch Drei!” wird natürlich von den Regeln der Produktionsfirma verboten. Es gibt nur Daumen hoch oder Daumen runter. Ich finde es echt verwerflich, daß solcher Dreck in diesem Land produziert und von Werbung finanziert wird. Und dann auch noch unter dem Deckmantel sozialer Verantwortung Jugendliche ausnutzen, die sich gerade erst im Leben orientieren.

Achja, das verbleibende Argument am Ende der Debatte war: “Dann können die Schüler mal Erfahrungen mit dem Fernsehen sammeln und ihre Erlebnisse hinterher auswerten.”. Da fiel mir dann auch nichts mehr zu ein.

Den “wir haben alle Rechte, der Jugendliche hat kein Mitspracherecht und bekommt keine Vergütung”-Vertrag von south&browse habe ich dann sachgerecht im Shredder entsorgt. Ich hoffe mal etliche andere Eltern tun das auch.

Nachtrag: Die Initiative zur Teilnahme an der Sendung ging von ein paar Schülern aus. Die Schule hat da keinerlei Druck ausgeübt, wollte aber auch nicht pauschal Nein sagen wg. Eigeninitiative etc. Ob ein Jugendlicher mitmacht, falls das Projekt durchgeführt wird, entscheidet er selbst, bzw. seine Eltern.

Upate: die Schüler haben sich nach längerer Debatte dann nicht mehrheitlich für das Projekt ausgesprochen, south&browse muss sich eine andere Klasse suchen.