London im Frühherbst
Leicht angekränkelt und reichlich übermüdet sitze ich grad im Stanstead Express, einer glorifizierten S-Bahn, die mich nach Central London bringen soll. Die Abflugzeit von Air Berlin (6.15h) ist ja schon schlimm. Aber das sie auch noch verlangen, dass man eine Stunde früher da sein soll, nur um diese Stunde dann genüsslich zu vertrödeln, finde ich schon grob. Easyjet ist demgegenüber deutlich entspannter. Dort erinnert Fliegen mehr an Busfahren als an eine pompös zelebrierte Fortbewegungsart – hingehen, einsteigen losfliegen. Kein sinnloses “mindestens eine Stunde vorher dasein”. Ich finde das angenehmer, wenn schon Billigflieger, dann macht es wenig Sinn die überkommenen Rituale weiterzupflegen, um den lächerlichen Anschein einer “richtigen” Fluggesellchaft aufrechtzuerhalten.
Der Wartungszustand der Schienen hier unter und neben mir ist beunruhigend. Es erinnert nichts an das glorreiche Mutterland der Eisenbahnen. Ich fühle mich eher an einige besonders abenteuerliche Strecken in abgelegenen Gebieten Osteuropas, etwa um das Jahr 1992, erinnert. Die Architektur des Bahnhofs am Flughafen lässt sich wohl am besten als neothatcheristischer Brutalobetonismus beizeichnen, ich habe schon Industriehallen mit mehr Charme gesehen. Dazu Lautsprecheransagen wie in schlechten Scifi-Filmen, eine auf säuselnd hochfrisierte Frauenstimme. Der Inhalt der Ansage verliert sich in Verzerrungen und Echos.
Das Wetter ist very english, Nieselregen und Nebel. Dabei hat die BBC-Prognose für heute eigentlich trocken und nur leich bewölkt orakelt… Mal schaun, vieleicht wird es ja in der Stadt besser, draussen zieht grade saftiggrünes Heideland vorbei.
Liverpool Street Station ist sehr schön, leider haben die Urenkel das Werk ihrer Ingenieurs-Vorfahren mit modernen Plastik-Einbauten und Unmengen Kameras verschandelt.
Die Konferenz wegen der ich hier bin hat freies WLAN und einen spektakulären Blick über die Themse.
Auf dem Balkon fanden sich noch hübsche Ösen zum abseilen: