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Sonne in Absurdistan

Es hat mich wieder in ein fernes Land verschlagen, ausnahmsweise dieses Mal zum Zwecke der Erholung und Entspannung. Angesichts des derzeitigen Wetters in Europa erschien uns eine Runde Sonne die bessere Alternative um eine Woche Urlaub zu verbringen. Die Goetter des Last Minute klickens bescherten als einziges Ziel mit sommerlichem Wetter in <4h Flugzeit Sharm el Sheikh am Roten Meer, an der Suedspitze der Sinai-Halbinsel.

Das Hotel ist ein riesiger Planschpark und so dermassen kuenstlich, dass es schon fast als eigene Stilrichtung durchgehen koennte. ‘Best of Touri-Dream Mixup, Plastic Edition” koennte der heissen. Aber was soll ich sagen, bei 25 Grad und Sonne laesst sich so manches aushalten. Das Publikum besteht zu deutlich mehr als der Haelfte aus jungen, meist entspannten Russen. Die unsichtbare Hand hat die Aegypter schon dazu gebracht, Russisch zu lernen, was ziemlich lustige Irritation erzeugen kann. Man wird hier erstmal auf Russich angesprochen, Englisch ist eher zweite Wahl.

Heute waren wir eine Runde bunte Fische beschnorcheln. Die Korallen sehen leider doch schon ein bisschen mitgenommen aus. Ob das nun an den vielen Touristenbooten liegt oder an generellem Umweltunwohlsein weiss ich nicht. Die Fische sind jedenfalls sehr bunt, das ist so wie im Aquarium mit den bunten Fischen im Zoo, nur mit drinrumschwimmen. Das Schwarmverhalten ist wirklich faszinierend zu beobachten. Horden von Fischen die synchron schwimmen und auch noch das Maul synchron auf und zu machen, und das so in Greifweite.

Die Bootsfahrt war eher sehr schaukelig, der Wind wohl etwas heftiger als ueblich. Das fuherte zu bleichen Gesichtern und Rueckwaertsgang fuers Fruehstueck bei etlichen Mitreisenden, ich blieb gerade so verschont davon.

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Die Wueste neben dem Meer ist sehr, aeh, wuestig und karg und das Meer sehr blau. Die Erosion hat interessante Muster in den Haenge geschabt und wenn die Sonne untergeht sehen die Bergketten ein bisschen aus wie in so alten Trickfilmen, mit mehreren Lagen Landschaft die hinten langscrollen.

Bei der Rueckkehr zu der Tauschschule, die die Schnorcheltour veranstaltete, wurde dann voellig ueberraschend eine der ewigen Fragen der Menschheit beantwortet: was ist mit den Unmengen Bundespost-gelabeltem Restbestand passiert, der bei der Umbenamsung in Telekom ueber waren? Nun, zumindest die Kabelmarkierungsbaender finden in Aegypten Verwendung als allgemeines Absperrband:

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Winterreise: Torgau

Gelegentlich verschlägt es mich ja in die ostdeutsche Provinz. Dieses mal in das ausnehmend hübsche Städtchen Torgau an der Elbe.

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Torgau gibt Anlaß über ein schrulliges Detail der Historie zu plaudern, das ich Euch nicht vorenthalten möchte: Die Leipziger Teilung . Der Wikipedia-Eintrag ist wirklich herzerfrischend. Die Kernsätze sind:

Am 17. Juni 1485 fassten die Brüder Ernst und Albrecht III., Herzöge von Sachsen und Erben der wettinischen Länder, den Beschluss, ihre Ländereien zu teilen. (…) Als Verfahren wurde sich darauf geeinigt, dass Ernst einen Teilungsplan ausarbeitet und Albrecht sich dann für eine der beiden zusammengestellten Hälften entscheidet.

Das ist so wie man das aus dem Kinderzimmer beim Schoki aufteilen kennt: einer teilt, der andere sucht aus, wegen der Gerechtigkeit. Und was mit Schoki geht, das geht auch mit Ländern. Ganz einfach eigentlich…

Die Leipziger Teilung gilt als folgenschwerste Fehlentscheidung der sächsischen Geschichte. Langfristig ermöglichte die Schwächung des sächsischen Fürstentums den Aufstieg Brandenburg-Preußens zur Hegemonialmacht.

Ich finde es ja immer wieder schön zu sehen, wie dann zwei bockige Geschwister so einen Einfluß haben konnten, materielle und geopolitsiche Grundinteressen ihrer Länder hin oder her.

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Krasse Wendeltreppe auf Schloß Hartenfels

Achja, was das mit Torgau zu tun hat? Ernst, dessen Clan ein paar Jahrzehnte später komplett gegen die Albertiner verloren hat, hatte seine Residenz in Torgau, auf dem Schloß Hartenfels.

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Und da war ordentlich Renaissance-Halligalli. Dazu gehört auch ein ordentlicher Hofnarr. Der Narr war nur dem Fürsten unterstellt, speiste an seiner Tafel und war auch sonst nicht an die höfischen Regeln gebunden. Dafür wurde von ihm erwartet, daß er Denkanstöße gab und gute Laune verbreitete. Wenn der Narr ordentliche Arbeit geleistet hat wurde er sogar am Gebäude verewigt, so wie Carl Narr hier:

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Torgau ist auch berühmt und bekannt, weil sich hier die sowjetischen und amerikanischen Truppen an der Elbe getroffen haben. Wie so oft bei historischen Ereignissen mit tollen Bildern war auch dieses Ereignis ein bißchen anders und wurde für die Fotografen einen Tag später rearrangiert. Die Wikipedia hat dazu einen schönen Eintrag . Das Denkmal, das aus diesem Anlaß errichtet wurde ist einigermaßen bizarr. Das die Amerikaner auch da waren ist eher so am Rande erwähnt und die USA-Fahne fällt vorwiegend durch die zahlreichen prominent herausgearbeiteten Sterne auf. Interessanterweise ist der Stil sehr ähnlich dem Federal Protzprunk, der sich an diversen US-Regierungsgebäuden aus dieser Zeit findet.

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Die Russen haben, neben dem Weiterbetrieb des Nazi-Knastes auf Fort Zinna als NKWD-Lager (Details siehe hier ), im Stadtbild ein paar liebevoll konservierte Spuren hinterlassen. Der Wegweiser zur Batalionsküche:

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Auch schön bizarr ist eine weitere kulinarische Rarität am Wegesrand: ein Italo-Inder oder auch Indo-Italier.

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Es gibt dort tatsächlich ein Exemplar italo-indisches Fusion-Food: Pizza Punjabi, mit Lammcurry und Chili. Auf einen Test wurde erstmal verzichtet…

Viel Wasser hat die Elbe hier manchmal auch:

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So langsam wurde es dann Abend, was mir Gelegenheit gibt, die Kontraste der örtlichen Stadtlandschaft im Bild zu dokumentieren

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Achja. Der Dorf-Konsum ist nicht tot. Er sieht nur ein kleines bißchen anders aus, ist aber noch genauso trostlos wie früher…

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Datenstollen

Wer auch immer die grandiose Idee hatte, das Datenleck bei der LBB als Kompensation für einen Weihnachtsstollendiesbstahl zu tarnen hat auf jeden Fall einen Kreativitätspreis verdient. Die Glaubwürdigkeit ist zwar ein bißchen eingeschränkt, aber hey, dafür ist es eine gute Story…

Ein Vorschlag: Der Datenbrief

Nachdem nun auch der Mainstream-Presse klarwird, daß der Datenhandelszoo mit dem derzeitigen Herangehen nicht in den Griff zu bekommen ist, hier ein neuer, radikaler Vorschlag für eine Gesetzesänderung:

Jeder, der personenbezogene Daten (also z. B. Name, Adresse und dazu zugeordnete Daten) von mehr als sagen wir 500 Personen speichert oder verarbeitet, muß einmal im Jahre allen in der Datenbank einen Brief schreiben, in der alle über ihn gespeicherten Daten aufgelistet sind. Der Datenbrief muss ein “Nein, ich will nicht”-Formular enthalten. Der Brief kann mit der normalen Geschäftskorrospondenz verschickt werden oder auch per e-mail, wenn keine Postadresse vorhanden ist. Die Pflicht gilt EU-weit und die Regierung wird dazu verdonnert in alle Safe-Harbor und ähnlichen Verträge diese Klausel aufzunehmen. Achja, Behörden sind auch dazu verpflichtet.

Und nun erzählt mir nichts von Kosten oder sowas. Im Vergleich zum Schaden den die Datenverbrecher anrichten sind das Peanuts.

Und damit das ganze auch Biss bekommt wird eine Schadenersatzpflicht von 10.000 Euro, zahlbar an den Betroffenen pro Einzelfall ins Gesetz geschrieben.

Update: Zur Mitteilungspflicht gehört natürlich auch eine Auskunft im Datenbrief an wen und warum die Daten weitergegeben wurden und wie sich etwaige Scoring-Werte und ähnliches berechnen.

Sommerzeit kostet mehr Energie

Auf der Basis von Simulationen wurde es schon lange vermutet, jetzt solide wissenschaftlich belegt: Sommerzeit spart keine Energie, es wird mehr verbraucht . Studiengrundlage war, daß im US-Bundesstaat Indiana nicht alle Counties bei der Zeitumstellung mitmachen. Dadurch ergab sich die Möglichkeit, gute Vergleichszahlen zu gewinnen. Wird Zeit, daß dieser Unsinn endlich abgeschafft wird (aber das sage ich ja nun schon seit einigen Jahren…).

in other news…

Die ukrainische Regierung versucht gerade die russischsprachigen Fernsehsender in der Ukraine zu plätten . Russland hat klargestellt das sie das nicht lustig finden. Ich habe so den dunklen Verdacht, daß im Schatten des sich abzeichnenden USA-Wahlchaos und der Finanzkrise die Spaltung oder Rerussifizierung der Ukraine passieren könnte. Deutschlands Primärinteresse ist gerade im Winter die stabile Gas- und Ölversorgung. Insofern wird da von unser Kanzlerin nicht mehr als ein paar besorgte Worte zu erwarten sein. Die USA kann grade nix machen und der Rest der Welt ist ohnehin mit sich selbst beschäftigt. Prima timing.

Winkewinke, Sozialdemokratie

So langsam ist die SPD auflösungsreif. Nach ihrem verkackten Ausflug in den Neoliberalismus (light) Schröderscher Prägung ist das Hessen-Theater dann wohl der finale Sargnagel. Wenn Linke und Gründe auch nur einen Anflug von Verstand und Geschick haben, werden sie den linken Flügel der SPD abräumen und der Rest wird dann orientierunglos vor sich hin dümpeln.

Ehrlichgesagt ist es nicht besonders schade um eine Partei, die es seit ihrer Gründung immer wieder geschafft hat, selbst aus der Rückenlage noch umzufallen, wenn es mal um echte Probleme geht, die Prinzipien und Stehvermögen erfordern. Politische Talente mit Visionen sind in Deutschland ja ohnehin kaum noch zu finden, und wenn werden sie sicher nicht in so einen gerontokratischen Opportunistenhaufen gehen. Die einzige Partei, die noch kompetenter im Selbstzerballern ist, ist die Berliner CDU. Die spielen allerdings, nachdem sie Landowsky aus dem Eisschrank geholt haben, in einer ganz anderen Kreisliga.