Nachdem ich das Flattr-Experiment hier im Blog primär angefangen hatte, um mal ein wenig Fahrgefühl zu sammeln, bin ich zunehmend positiv überrascht. Meine These, das die Abwesenheit eines funktionierenden Micropayment-Systems einer der grundlegenden Geburtsfehler des WWW ist, scheint sich zu bestätigen.
Die Stargardobyl-Reportage hat es tatsächlich auf die Plätze 16 und 20 der deutschen Flattr-Charts im Bereich Text geschafft. Um das mal als Beispiel für das derzeitige finanzielle Niveau heranzuziehen: allein die drei Stargardobyl-Posts spülten unerwartete 50,78 € an direkten Einnahmen (und vermutlich noch einiges an indirekten auf den allgemeinen Blog-Flattr-Button) in die Kasse. Dafür würde sich ein hauptberuflicher Lokalreporter zwar noch nicht den Aufwand geben, da dreimal vorbeizufahren. Aber wir sind zumindest schon mal in einer Größenordnung, wo es durchaus vorstellbar ist, eine angemessene Entlohnung zu erreichen. Da ich das Blog hier zum Spass und nicht zum Gelderwerb mache, war es jedenfalls überraschend viel.
Zwei Faktoren muß man hier betrachten. Zum einen brachte Stargardobyl dank Twitter, Link von Fefe und entsprechender Weiterverlinkung etwa Faktor fünf mehr Visitors ins Haus, als hier normalerweise langgehen. Proportional stieg der Anteil der Leser, die per Browser und nicht per RSS-Reader lasen, an. Ein Flattr-Button, der in den gängigen RSS-Readern funktioniert, wäre also sicher ein echter Fortschritt. Der zweite Faktor ist, daß Flattr noch echt in den Kinderschuhen steckt und ganz am Anfang steht. Das zeigt sich schon in der sehr merkwürdig geballten Akzeptanz im deutschssprachigen Raum. Ein Blick auf die Flattr-Top-10 für alle Sprachen (kann man oben unter Filter Languages umschalten) zeigt, daß 8 von 10 der meistgeflatterten Things aus Deutschland kommen. Offenbar ist die Akzeptanz im angelsächsischen Raum gerade noch eher marginal. Ob sich das nach dem Ende der Beta-Phase ändert bleibt eine spannende Frage.
Wirklich positiv überrascht hat uns die Flattr-Auswertung bei Alternativlos, dem kleinen Boulevardpodcast von Fefe und mir. Wir machen das ja primär weil wir da Bock drauf haben und nicht alles immer in die Fnord News Show auf dem Congress pressen können. Das wir nun schon nach Folge 3 fast in der Lage sind, aus den Flattr-Einnahmen mal ordentliche Mikrofone zu kaufen, hätten wir auch so nicht direkt erwartet. (Sorry für den Hall bei der letzte Folge, wir geloben Besserung!).
Alles in allem jedenfalls bisher eine sehr positive Entwicklung. Viel wird davon abhängen, wie sich Flattr selbst und mögliche Konkurrenzsysteme entwickeln. Wenn Facebook etwa seinen Like-Button mit einem Flattr-artigen Payment verbindet, wäre der Markt schlagartig ein anderer. Dann würden allerdings auch die Privacy-Fragen, die bei einem kleinen Experimental-System wie Flattr noch nicht so wichtig sind, schlagartig in den Mittelpunkt rücken. Wir dürfen jedenfalls gespannt sein.