Von Zeit zu Zeit gewinne ich zufällig kleine Einblicke in Technologie-Felder die mir sonst eigentlich verschlossen sind. Heute war wieder so ein Tag, im Restaurant lag ein Biotech-Magazin. Nicht so richtig die Hardcore-Wissenschaftsbibel, mehr das werbefinanzierte Blatt für den fortgeschrittenen Lab-Techniker. Deshalb umso interessanter. Nach der Lektüre des Heftes fielen mit folgende Dinge auf:
Die Automatisierung von Experimenten und Analysemethoden ist in einem Maße fortgeschritten das mir bisher entgangen war. Die meisten Prozesse finden auf sogenannten Microplates statt, das sind Tafeln mit 96 bis 384 Plaste-Röhrchen in standardisierten Grössed. Dafür gibt es dann Roboter die die Platten durch die automatischen Analyse-Systeme, Pipetierungs-Automaten, Zentrifugen und Mikroskopie-Maschinen bewegen. Dutzende, oft kleine Hersteller von hochspezialisierten Maschinen versorgen die Labore mit ziemlich abgefahrener Hardware. Alleine bei so relativ einfachen Mechanismen wie Pipetten gibt es krasse Apparate mit digitaler Steuerung von allem was man sich so vorstellen kann, natürlich inklusive heftiger Ergonomie-Optimierung. Tiefgefrorene Zellkulturen mit spezifischen Eigenschaften werden gleich auf den Microplates ausgeliefert, robotorisiert werden dann die zu untersuchenden Substanzen draufgetropft, Analyse-Reagenzien hinzugefügt und das ganze dann durch optische Auslesegeräte geschoben die auch noch feinste Farbnuancen der Analyse-Reagenzien erkennen. Vollautomatische Mikroskope zählen Zellen und identifizieren Formen, und das in allen Lichtfrequenzbereichen, Polarisierungsvarianten usw.
Auf diese Weise lassen sich viele verschiedene Substanzvarianten und Konzentrationen an standardisierten Zellkulturen testen. “Drug discovery” ist das Ziel. Peptide werden automatisiert aus standardisierten Aminosäuren synthetisiert, die Konfiguration und Steuerung der Geräte nimmt immer mehr Raum ein, scheint aber noch auf einem Niveau zu sein das noch viel Optimierungspotential lässt.
Insgesamt sehr faszinierend zu sehen was eigentlich passiert in so Biotech-Labors. Die üblichen Fernsehbilder von Laborantinnen mit Gesichtsschutz die mit Mehrfachpipetten endlose Reihen Reagenzgläser bestücken scheint schon wieder überholt zu werden (auch wenn es das bestimmt noch reichlich gibt, ausgehend von der Anzahl von Anzeigen für High-Tech Handpipetten). Falls einer der werten Leser mir mal einen Besuch in einem realen Labor ermöglichen könnte, verspreche ich einen ausführlichen Bericht ;-)